Pressemitteilung zum aktuellen „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme und Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2023″ der Bertelsmann Stiftung
20231207_BEVKi_Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung Studie Fachkräftemangel
Im aktuellen „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme und Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2023“ der Bertelsmann Stiftung werden erschreckende Zahlen genannt: aktuell fehlen bundesweitrund 430.000 Plätze für frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE). Vor allem in den westlichen Bundesländern wird der Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz häufig nicht erfüllt.
Ad- hoc-Maßnahmen, um dem Problem zu begegnen, werden im Ländermonitoring ebenfalls präsentiert: die Kürzung von Betreuungszeiten sowie der Vorschlag, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten von Eltern stärker an die Öffnungszeiten von Kitas anpassen. Beide Vorschläge tragen aus Sicht der Bundeselternvertretung der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (BEVKi) jedoch nur zur Verschlechterung der Situation bei und wälzen die komplette Verantwortung erneut auf die Eltern ab.
Anstatt ausdrücklich die Politik in die Pflicht zu nehmen, die Kindertagesbetreuung mit genügend Finanzmitteln auszustatten, um auch kurzfristige Lösungen zu ermöglichen, sollen laut der Bertelsmann- Stiftung die Familien ihre Lebenssituationen an ein desolates System anpassen. Nicht nur der Rechtsanspruch auf einen bedarfsgerechten Platz soll offenbar ausgesetzt werden, neuerdings wird auch die Erwerbstätigkeit von Eltern infrage gestellt.
Bundeselternsprecherin Desina Muth: „Wir sind klar dafür, ein Signal zu setzen -und zwar für die Kinder und ihre Familien. Wir können kein Kind zurücklassen und kein Kind nicht fördern. Die Kindertagesbetreuung soll Chancengerechtigkeit stärken, die die Voraussetzung für eine stabile und tragfähige Demokratie ist. Wenn unser gesellschaftlicher Zusammenhalt nicht gefährdet werden soll, darf man Familien nicht so im Stich lassen!”
Die BEVKi betont, dass jedes Kind ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat. Die Kindertagesbetreuung soll Benachteiligungen vermeiden oder abbauen und gelingende Lebensbiografien fördern.
Bundeselternsprecherin Yvonne Leidner ergänzt: „Zudem leidet Deutschland aktuell in fast allen Branchen unter einem eklatanten Fachkräftemangel. Die Betreuungszeiten zu kürzen, gießt Öl in dieses Feuer, anstatt es zu löschen. Eltern müssen ihre Arbeitszeit reduzieren, was wiederum zu einem Mangel an Arbeitskraft in anderen Bereichen führt. Der Teufelskreislauf besteht bereits und darf nicht weiter verschärft werden.“
Zuletzt muss auch der wirtschaftliche und sozioökonomische Aspekt der FBBE berücksichtigt werden. Ein bedarfsgerechter Betreuungsplatz für das eigene Kind ist häufig die Voraussetzung, um überhaupt eine Erwerbstätigkeit oder Ausbildung aufzunehmen zu können. Etliche Arbeitsverträge richten sich bereits heute an den Öffnungszeiten der Kitas aus. Es klingt in Zeiten von “Betreuung zwischen 8 und 14 Uhr als neues Normal” wie eine Farce, dass man in diesem kurzen Zeitfenster noch seine Arbeitszeit anpassen sollte. De facto gibt es für etliche Arbeitgeber keinen Spielraum mehr und Eltern reduzieren bereits ihre Arbeitsumfänge, weil die fehlende Kindertagesbetreuung mehr nicht zulässt. Wie soll eine Familie ihren Lebensstandard halten mit weniger Arbeit und somit auch mit weniger Gehalt? Wie sollen Eltern ihren Verpflichtungen wie z.B. der Pflege von Angehörigen, Weiterbildungen oder sozialem Engagement nachkommen? Gleichzeitig fehlen Steuereinnahmen, die für Ausgaben des Bundes benötigt werden, wenn weniger Arbeitnehmer:innen ihrer Erwerbstätigkeitnachgehen können.
Die BEVKi fordert umgehende Maßnahmen, wie die Finanzierung von Fachkräften- unterstützendem Personal, sofortige Ermöglichung von Stundenreduzierung, wenn ein geringerer Betreuungsumfang für ein Kind gewünscht wird sowie verstärkte Initiativen, um Fachkräfte zu binden und neue auszubilden.
Desina Muth abschließend: „Wie soll der Lösungsvorschlag von reduzierten Betreuungszeiten unsere Gesellschaft und unser Land stabilisieren? Der Vorschlag der Bertelsmann Stiftung geht nachweislich nicht nur zu Lasten der Kinder und ihrer Eltern, sondern auch zu Lasten der Arbeitgeber und der gesamten Gesellschaft.“
Freundliche Grüße
Yvonne Leidner, Desina Muth, Irina Prüm, Katharina Queisser, Dr. Asif Stöckel-Karim
Vorstand der BEVKi
Bei Fragen steht der Vorstand per Mail an info@bevki.de