Stellungnahme der BEVKI zur

„Fortsetzung der aktuellen Regelungen für die Kinderkrankentage“

Die Erhöhung der Kinderkrankentage und die Sonderregelung für die Inanspruchnahme waren in den letzten Jahren eine niedrigschwellige Entlastungsmöglichkeit für alle gesetzlich versicherten Eltern.

Pandemiebedingt konnten viele Kinder, auch ohne eine eigene Erkrankung, die Betreuungsmöglichkeit in einer frühkindlichen Bildungseinrichtung nicht wahrnehmen. Gruppenschließungen, Quarantäneanordnungen oder sogenannte „Schnupfenpläne“ haben es häufig erforderlich gemacht, die Kinder zu Hause zu betreuen, ohne ein Attest vom Kinderarzt zu erhalten und somit Anspruch auf die vorherigen Regelungen erheben zu können. Im Rahmen der aktuellen Sonderregelung war bzw. ist es den Eltern möglich, Kinderkrankengeld auch in diesen Fällen in Anspruch zu nehmen.

Gemäß aktueller Beschlussfassung stehen den gesetzlich versicherten Eltern die erhöhte Anzahl an Kinderkrankentagen bis Ende 2022 und die Sonderregelung für den Anspruch bei Betreuungsnotwendigkeit zu Hause ohne ärztliches Attest lediglich bis zum 23.09.2022 zu.

Es sollte jedoch beachtet werden, dass auch nach dem 23.09.2022 Kinder erkranken oder pandemiebedingt zu Hause betreut werden müssen.

Deshalb ist es für uns als Interessenvertretung der Eltern von über 5 Millionen Kindern inakzeptabel, dass die Regelungen zu den Kinderkrankentagen im September bzw. Ende 2022 auslaufen. Zudem benötigen Eltern auch in Zukunft eine erhöhte Anzahl an Kinderkrankentagen[1] , dies ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Den Eltern hat in den letzten Jahren vor allem Planungssicherheit und vorausschauendes Handeln gefehlt, hier ist aus Sicht der Eltern von Seiten der Politik eine deutliche Verbesserung notwendig.

Wir fordern daher für die aktuelle Situation folgendes:

  1. Die aktuellen Regelungen zu den Kinderkrankentagen, inkl. der Sonderregelung auf Anspruch bei pandemiebedingter Kinderbetreuung zu Hause, müssen bis Ende 2023 fortgesetzt werden.

Unabhängig davon ist es in Zukunft wichtig und notwendig, die Unterstützungsleistungen für Familien durch die Kinderkrankentage zu überarbeiten, anzupassen und auszuweiten, damit alle erwerbstätigen Eltern in Deutschland entlastet werden und somit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestärkt bzw. verbessert wird.

Darüber hinaus müssen aus unserer Sicht folgende Punkte angepasst werden:

  1. Die Lohnfortzahlung für Eltern muss bei mind. 95 Prozent liegen und darf nicht mit einem Höchstbetrag gedeckelt sein.

Aktuell beträgt die Lohnerstattung bei Anspruch auf Kinderkrankengeld „bis zu 90 Prozent“ des ausgefallenen Nettoarbeitsentgeltes abzüglich möglicher Beiträge für Renten-, Pflege und Arbeitslosenversicherung. Zusätzlich ist der Betrag momentan auf höchsten 112,88 Euro pro Tag festgelegt.

In der Regel sind weiterhin Mütter die Geringverdiener in der Familie und somit die Ersten, welche die Kinderkrankentage nutzen. Dadurch ist der finanzielle Verlust [2] häufig besser kompensierbar, [3] als wenn die Regelung auf ein Vollzeitgehalt angewandt wird. Dem gilt es entgegen zu wirken.

Neben dem derzeitigen finanziellen Lohnverlust (Lohnerstattung „bis zu 90 Prozent“ und Höchstgrenze von 112,88 Euro) müssen die zusätzlichen Kosten für die Familien durch den Bedarf an Lebensmittel, Strom, Heizung, Malpapier o.ä. für die Betreuung der Kinder zu Hause berücksichtigt werden.[4]  Des Weiteren müssen die Ausgaben (Kita-Gebühren und Verpflegungskosten für die Betreuungseinrichtung) in der Regel [5] von den Familien weitergetragen werden[6] , sodass der Familie weitere finanzielle Einbußen entstehen.

  1. Niedrigschwellige Atteste für Kinderkrankentage sind nötig

In vielen Bundesländern gibt es sogenannte „Schnupfenpläne“, in denen festgelegt ist, bei welchen Symptomen die Kinder die Einrichtung nicht besuchen dürfen. Zudem wird häufig eine 48-Stunden-Symptomfreiheit gefordert. Es sollte weiterhin möglich sein, die Kinderkrankentage zu nutzen, ohne bei kleinsten Erkältungssymptomen eine kinderärztliche Untersuchung in Anspruch nehmen zu müssen. Nicht jede Erkrankung, die dazu führt, dass ein Kind kurzweilig zu Hause betreut wird, bedarf einer ärztlichen Behandlung vor Ort. Die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung könnte hier eine gute dauerhafte Lösung sein. Dies entlastet Kinderarztpraxen und gewährt Zeit für die tatsächlich behandlungsbedürftigen Kinder. Zudem bleibe so dem kranken Kind der Weg in die Arztpraxis erspart, wenn es keine direkte ärztliche Zuwendung benötigt, sondern kann sich zu Hause auskurieren.

  1. Es müssen Lösungen geschaffen werden für Selbstständige, Privatversicherte u.ä.

Auch Erwerbstätige, die keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld nach §45 SGB V oder vergleichbare Leistungen haben, sind ebenfalls davon betroffen, dass ihre Kinder wegen Krankheit oder ausfallender Betreuungsmöglichkeit zu Hause betreut und versorgt werden müssen. Es ist inakzeptabel, dass ihnen weiterhin eine gesellschaftliche Unterstützung verwehrt wird und bislang keine geeignete Lösung geschaffen wurde. Eine gleichwertige Regelung und Unterstützung dieser Familien muss auf Bundesebene unabhängig von der Pandemie-Situation geschaffen werden.

 

  1. Erweiterung der Anspruchsberechtigung auf Kinder über 12 Jahre

Kinder haben nicht automatisch mit dem 12. Geburtstag weniger Bedürfnisse oder mehr Selbstständigkeit, vor allem nicht im Krankheitsfall.

Auch wenn sich Kinder mit 13 oder 14 schon einige Zeit alleine versorgen können, muss immer berücksichtigt werden, dass die Kinder in diesem Fall krank und damit nicht im „Vollbesitz ihrer körperlichen und/ oder geistigen Fähigkeiten“ sind (zum Beispiel bei hohem Fieber etc.).

Demzufolge kann die Anspruchsberechtigung, dass sich ein Elternteil um ein erkranktes Kind ohne finanziellen Verlust oder Schwierigkeiten am Arbeitsplatz kümmern kann, nicht mit dem 12. Lebensjahr entfallen.

Eltern bekommen in der Regel bis zum 18. Lebensjahr ihres Kindes Kindergeld, um die Versorgung des Kindes zu gewährleisten. Daher ist eine analoge Regelung bei den „Kinderkrankentagen“ zu schaffen.

Wir stehen Ihnen bei Fragen jederzeit zur Verfügung und beteiligen uns gerne konstruktiv bei einer generellen „Überarbeitung“ der Kinderkrankentage.

Mit freundlichen Grüßen,

Die Bundeselternsprecher*innen

Sören Gerulat, Dr. Kristin Junga, Stéphane Lacalmette, Katharina Queisser und Dr. Asif Stöckel-Karim

2022.09.07_SN_Kinderkrankentage_Final

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